Wie Eurobonds funktionieren sollen
EU-Kommission will gemeinsame Anleihen aller Euro-Lände
Berlin, 21. November (AFP) – Die Europäische Kommission sieht eine Lösung für die derzeitige Schuldenkrise: Alle Euro-Staaten sollen gemeinsame Staatsanleihen herausgeben, damit die Zinsen für die hoch verschuldeten Staaten sinken und die Krise sich nicht weiter verschärft. Am Mittwoch will die Kommission drei Modelle für die umstrittenen sogenannten Eurobonds vorlegen.
Was sollen Eurobonds bezwecken?
Ziel von Eurobonds ist es, die Zinslast für hoch verschuldete Staaten zu senken und sie vor Spekulationen zu schützen, die zu einer Spirale steigender Zinsen führen können. Geben alle Euro-Staaten gemeinsame Anleihen aus, wird das Risiko unter den Ländern mit der Gemeinschaftswährung geteilt. Da dann auch die Länder mit einer hohen Kreditwürdigkeit wie Deutschland haften, dürften die Zinsen für Eurobonds deutlich niedriger sein als für die derzeitigen Anleihen der Schuldenstaaten. Diese kämen also wieder günstiger an Geld. Die Europäische Kommission nennt Eurobonds „Stabilitätsanleihen“, denn sie könnten nach Meinung der Behörde schon kurzfristig „die Spannungen auf dem Anleihenmarkt mindern“.
Wie stellt sich die EU-Kommission gemeinsame Anleihen vor?
Die Kommission schlägt dazu drei Modelle vor. Das erste Modell ist das weitgehendste, der Behörde zufolge aber auch wirksamste: Eurobonds würden die Anleihen der Einzelstaaten komplett ersetzen, alle Euro-Staaten müssten für die Papiere gemeinsam haften. Im zweiten Modell würden Eurobonds bis zu einer bestimmten Höhe ausgegeben, ihren restlichen Finanzierungsbedarf müssten die Staaten weiterhin über eigene Anleihen decken. Auch hier würden alle Euro-Staaten gemeinsam für die Eurobonds haften. Im dritten Modell würden die Staaten ebenfalls nur einen Teil ihrer neuen Schulden per Eurobonds decken. Die Euro-Staaten würden nicht alle gemeinsam für die Schuldpapiere haften, sondern jedes Land gäbe eine anteilige Haftungserklärung ab.
Wie könnte das konkret umgesetzt werden?
Die Details der Umsetzung müssen noch geklärt werden. Fest steht aber, dass für die beiden ersten Modelle die EU-Verträge geändert werden müssten, für den dritten Ansatz wäre das laut Kommission nicht nötig. Das dritte Modell könnte auch am schnellsten umgesetzt werden. Die Euro-Staaten müssten daher eine Entscheidung fällen, ob sie schnell und einfach handeln wollten – oder ob sie den komplizierteren, aber effektiveren Weg beschreiten. Ausgegeben werden könnten die Eurobonds entweder über eine neue Europäische Schuldenagentur oder weiterhin über die zuständigen nationalen Stellen.
Was würden Eurobonds Deutschland kosten?
Das lässt sich schwer sagen. Höchstwahrscheinlich steigt der Zinssatz für Deutschland, wenn die Bundesrepublik neue Staatsanleihen ausgibt. Für alte Schuldpapiere ändert sich nichts. Experten rechnen für Deutschland mit einem 0,5 bis zwei Prozentpunkte höheren Zinssatz. Dieses Jahr etwa will Deutschland auf dem Kapitalmarkt rund 181 Milliarden Euro aufnehmen. Wären alle diese Papiere Eurobonds und läge der Zinssatz 2,0 Prozent höher kämen auf Deutschland Extrakosten von 3,6 Milliarden Euro im ersten Jahr zu. Schwer zu berechnen ist auch, wie viel Geld Deutschland sparen würde, wenn durch Eurobonds nicht mehr immer neue Rettungspakete nötig würden.
Welche Bedenken gibt es gegen Eurobonds?
Kritiker befürchten, dass Schuldenstaaten sich auf den für sie bequemen Eurobonds ausruhen könnten, anstatt sich selbst um einen ausgeglichenen Haushalt und somit niedrige Zinsen zu bemühen. Diese Bedenken greift die Kommission auf: „Jede Form von Stabilitätsanleihen müsste als Gegenstück von einer substanziell verstärkten Haushaltsüberwachung und politischer Koordination begleitet werden“, schreibt sie. So könnten Schuldenstaaten im Notfall sogar unter eine Art Zwangsverwaltung der EU gestellt werden. Zudem schlägt die Kommission vor, dass die Schuldenstaaten einen Teil ihres durch Eurobonds gesparten Geldes an die stärkeren Staaten weiterreichen könnten.
(c) AFP, 21. November 2011