Strom könnte teurer werden – dafür soll der Stromverbrauch sinken
Was der schnellere Atomausstieg für Verbraucher bedeutet
Berlin, 31. Mai (AFP) – Nach dem Willen der schwarz-gelben Bundesregierung sollen 2022 in Deutschland die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Für Verbraucher könnte das steigende Strompreise bedeuten – auf der anderen Seite will der Staat aber etwa das energetische Sanieren von Häusern fördern. Das Energiekonzept der Regierung lässt allerdings noch viele Fragen offen.
Wird Strom jetzt teurer?
Diese Frage ist heftig umstritten. Einerseits müssen nun neue Kraftwerke gebaut, die Produktion aus erneuerbaren Energien und der Ausbau der Netze vorangetrieben werden. Vieles davon hätte aber auch ohne den nun schnelleren Atomausstieg geschehen müssen. Die Regierung hat sich zudem zum Ziel gesetzt, die sogenannte EEG-Umlage zur Förderung der Erneuerbaren Energien etwa auf dem derzeitigen Niveau zu belassen. Möglich ist, dass der Ausbau der heute noch teuren erneuerbaren Energien die Preise zunächst steigen lässt, grüner Strom mittelfristig aber günstiger wird. Auch sinkt dann die Abhängigkeit von Rohstoffen wie Kohle, die in Zukunft vermutlich teurer werden.
Wird der Strom jetzt knapp?
Die deutschen Atomkraftwerke liefern rund ein Viertel des deutschen Stroms, sie sollen jedoch nicht alle auf einmal abgeschaltet werden. Bislang ist die Kapazität der Kraftwerke deutlich höher als der maximale Verbrauch, dieser Sicherheitspuffer dürfte nun sinken. Ein großflächiger Stromausfall droht am ehesten im Winter – denn dann ist die Nachfrage am höchsten. Um das zu vermeiden, sieht das Energiekonzept der Regierung Reservekraftwerke vor, die bei Bedarf schnell angeschaltet werden können. Außerdem soll der Bau neuer Kraftwerke beschleunigt werden. Problematisch sind aber nach Ansicht von Experten vor allem die Netze: Denn Strom werde genug produziert – die Frage sei, ob er auch zu den Verbrauchern transportiert werden könne.
Wie soll Strom gespart werden?
Um das Abschalten der Atomkraftwerke auszugleichen, setzt die Regierung auch darauf, Strom zu sparen: Bis 2020 soll der Stromverbrauch in Deutschland um zehn Prozent sinken. Dafür will die Bundesregierung auf europäischer Ebene bei Elektrogeräten weiter den sogenannten Top-Runner-Ansatz durchsetzen: Dieser macht die Effizienz des jeweils besten Modells zur Vorgabe für die gesamte Geräteklasse. Zudem setzt die Regierung darauf, die energetische Sanierung von Gebäuden voranzutreiben.
Wieviel gibt es künftig vom Staat für die energetische Sanierung?
Dafür will die Bundesregierung in den kommenden Jahren jeweils 1,5 Milliarden Euro bereitstellen. Das ist allerdings nicht deutlich mehr als bisher: 2009 standen 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung, 2010 waren es 1,35 Milliarden Euro. Dieses Jahr wird es im besten Fall knapp eine Milliarde Euro sein. Weiterhin fördern will die Regierung auch den Bau von Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen, bei denen gleichzeitig Strom und Heizwärme erzeugt werden. Sanierungen sollen einfacher steuerlich abgeschrieben werden können, und Hausbesitzer sollen mit einem Zertifikatehandel zur Sanierung angetrieben werden.
Wird jetzt eine Stromleitung durch meinen Vorgarten gebaut?
Ein großes Hindernis für mehr erneuerbare Energien sind in Deutschland die Hoch- und Höchstspannungsleitungen. Die Zahl dieser Stromautobahnen ist zu gering, doch bislang stockt ihr Ausbau. Problematisch sind unterschiedliche Regeln in den Bundesländern, zudem richtet sich gegen viele Projekte der Widerstand der Bürger und lokaler Politiker. Die Bundesregierung will den Netzausbau nun mit bundeseinheitlichen Regelungen beschleunigen, die Bürger sollen dabei aber weiterhin ein Wörtchen mitreden können.
(c) AFP, 31. Mai 2011