Der Schattenmann tritt ins Rampenlicht

Der neue Eon-Chef Teyssen bestimmt schon lang das Geschäft

Berlin, 11. August (AFP) – Schon seit Jahren steht er hinter den wichtigsten Entscheidungen des Energieriesen Eon. Seine gesamte Karriere hat Johannes Teyssen bei Eon und dem Vorgängerkonzern Preussen Elektra gemacht. Jetzt rückt der 49-jährige Vizechef an die Konzernspitze und soll dort nach einer Übergangsphase Wulf Bernotat ablösen. Teyssen war bislang eher unauffällig, er gilt als kühler Rechner und zupackender Macher im Hintergrund. In seiner neuen Funktion soll er einen entscheidenden Wechsel im Unternehmen einläuten.

Der gestandene Energiemanager Teyssen ist gelernter Jurist – wie sein Vater, der als Richter arbeitete. Doch neben Recht studierte der gebürtige Hildesheimer auch Volkswirtschaft. Nach seiner Promotion Anfang der 90er Jahre zog es ihn ins Ausland – Teyssen heuerte bei Preussen Elektra in Hannover an, die damals weltweit auf Einkaufstour ging.

Dann aber lief es anders: Statt ins Ausland kam Teyssen nach Frankfurt an der Oder und lernte Ostdeutschland intensiv kennen. Bei Preussen Elektra und später dann beim 2000 gegründeten Energieriesen Eon organisierte er die Fusion von Stadtwerken – und baute die vielen Einzelteile in den großen Konzern ein.

2001 wechselte er in den Vorstand von Eon Energie, 2003 wurde er Chef der Sparte. 2007 schuf Eon extra für Teyssen einen neuen Vorstandsposten im Konzern: Er wurde Chief Operating Officer (COO), angeblich um eine Abwerbung durch den Konkurrenten RWE zu verhindern. 2008 trat Teyssen als Stellvertreter an die Seite Bernotats.

Als Eon-Chef muss Teyssen nun weiter am einheitlichen Energiekonzern schmieden: Sein Vorgänger Bernotat kaufte europaweit Unternehmensteile zu, die nun in das Unternehmen integriert werden müssen. Dieser Konzern machte im vergangenen Jahr 86 Milliarden Euro Umsatz und hatte 93.500 Beschäftigte.

Im Zuge der Integration muss Teyssen, der mit einer US-Bürgerin verheiratet ist und vier Kinder hat, aber auch abspecken: Die deutschen genauso wie die europäischen Wettbewerbshüter kritisieren die Macht des Eon-Konzerns und haben ihm eine Verschlankung verordnet. Erster großer Schritt ist der milliardenschwere Verkauf der Stadtwerke-Tochter Thüga. Außerdem muss Eon einen Teil seines Übertragungsnetzes verkaufen, und auch die Gastochter Eon-Ruhrgas ist im Visier der Kartellbehörden.

Teyssen stehen damit harte Zeiten bevor. Denn er muss sich auch mit Verbraucherschützern und Klimaschützern auseinandersetzen, und er wird weiter gegen den Atomausstieg Lobbyarbeit machen. Dafür muss der neue Eon-Chef sein Auftreten verändern: Arbeitete er bislang im Hintergrund und überließ Bernotat die Repräsentation nach außen, muss nun auch er ins Rampenlicht: nach Berlin, nach Brüssel und in die Medien.

Das dürfte Teyssen aber keine großen Probleme bereiten: Er gilt als begnadeter Redner, der seine Manuskripte selbst schreibt oder oft genug auch ganz ohne Vorlage vors Publikum tritt. Für markige Sprüche ist er bekannt – ausgehen dürften die ihm nicht: Seine Zitate nehme er aus Asterix-Heften, verriet er einst: „Da steckt viel Weisheit drin, und es ist hinreichend komisch.“

(c) AFP, 11. August 2009