Die Herrschaft der sechs bunten Buchstaben

Google wird zehn Jahre alt – Kritik an Dominanz des einstigen Sympathieträgers

Berlin, 5. September (AFP) – Mit seinem neuen Browser Chrome machte Google gerade erst Schlagzeilen – und bewies erneut seine Schlagkraft. Vor zehn Jahren begann die Ära der sechs bunten Buchstaben für den allgemeinen Internetnutzer. Am 7. September 1998 schalteten zwei Studenten der US-Universität Stanford eine neue Suchmaschine frei. Das Unternehmen von Larry Page und Sergey Brin legte schnell einen rasanten Aufstieg hin. Auf die Suchmaschine folgten zahllose Dienste zur Bilder- und Videosuche, für E-Mail und Kalender, zur Text- und Tabellenverarbeitung – und eine Reihe lustiger Werkzeuge, die eigentlich keiner braucht, die das Online-Leben aber unterhaltsam machen. Heute ist Google aus dem Internet nicht mehr wegzudenken, doch die Kritik am einstigen Sympathieträger wächst.

Der Unternehmensname Google geht auf das Wort Googol zurück, dass der US-Mathematiker Edward Kasner erstmals 1940 verwendete. Es ist die Bezeichnung für die Zahl 10 hoch 100 – eine 1 mit mit 100 Nullen. Der Name sollte für die immense Menge an Wissen stehen, die das Internet beherbergt. Diese Mengen den Internetbenutzern zugänglich zu machen, war das Ziel der Suchmaschine Google. Und auch wenn keine Suchmaschine das gesamte Internet erfassen kann, machte Google dies zu seinem Start 1998 besser als die bislang existierenden Suchmaschinen. Hinzu kam die Übersichtlichkeit der Google-Seite: Wer google.com aufrief, dem blinkten nicht unzählige, unübersichtliche Funktionen entgegen – die Seite war fast leer, in der Mitte das Suchfeld. Spartanisch, aber gut.

Vor allem aber entwickelte sich Google hinter dieser übersichtlichen Fassade immer weiter. «Wir hielten Forschung für sehr wichtig», sagte Gründer Brin in einem Interview: «Die anderen Suchmaschinen haben mit Forschung einfach aufgehört.» Anders Google: Die Zahl der Produkte nahm rasant zu, die der Mitarbeiter ebenfalls. 13.700 Menschen arbeiten mittlerweile für das Unternehmen in Silicon Valley. Im Jahr 2000 begann Google mit dem Verkauf von Werbung nach Stichwörtern, die Nutzer bei ihrer Suche auf google.com eingaben. Damit gelang es Google genau in dem Moment profitabel zu werden, als auf der ganzen Welt die dotcom-Blase platzte. 2007 verdiente Google unter dem Strich 4,2 Milliarden Dollar.

Der Erfolg bringt Google Neider: Der Softwareriese Microsoft etwa wird sich immer mehr bewusst, dass er im Internet aufholen muss, wenn er insgesamt im Hightechmarkt nicht verlieren will. Deshalb versuchte es der Konzern auch mit der Übernahme von Yahoo, um an Googles Stellung im Internet zumindest näher heranzurücken, scheiterte aber. Doch der ungebremste wirtschaftliche Expansionskurs Googles kratzt auch am Image des einstigen Vorzeige-Internetunternehmens bei Online-Surfern. Kritiker bemängeln, Google gebe für Geld sein Unternehmensmotto auf: «Don’t be evil» – «Tu‘ nichts Böses».

Kritik gibt es beispielsweise an der Expansion Googles nach China. Um auf dem dortigen Markt zugelassen zu werden, ging Google Kompromisse ein – und nahm Zensur hin. Wer auf der chinesischen Seite google.cn etwa «Tiananmen» eingibt, wird zum Massaker auf dem
Platz des Himmlischen Friedens 1989 keine Informationen finden.

Und Sorge bereitet vielen die Dominanz der anglophonen Kultur durch Google. Mehr als 90 Prozent aller deutschen Suchanfragen werden inzwischen über Google ausgeführt. Was die Suchmaschine nicht findet, ist im Internet quasi nicht existent. Das zeigt auch der Wandel der deutschen Sprache: Wer heute etwas im Internet sucht, der «googelt». Selbst der Duden hat das Wort 2004 aufgenommen.

(c) AFP, 22. September 20008