Eine Prise Psychologie gegen den hohen Ölpreis
Saudi-Arabien und Kuwait versprechen auf Ölpreisgipfel mehr Öl. Den Preis wird das nicht senken – vielleicht aber stabilisieren
Dschiddah, 22. Juni (AFP) – Die wichtigsten Ölförderländer und Abnehmerstaaten hatten sich für das Wochenende Großes vorgenommen: Bei einem eilig einberufenen Treffen im saudiarabischen Dschiddah wollten sie den Ölpreis senken. Doch die Herangehensweise der Teilnehmer war zu unterschiedlich, als dass das Treffen wirklich etwas hätte bewegen können: Die Förderländer machen Spekulanten für den Höhenflug des Ölpreises verantwortlich. Sie forderten die Abnehmerländer daher auf, dagegen vorzugehen und zugleich ihre Steuern auf Energie zu senken. Die Importeure sehen hingegen die Exporteure in der Pflicht, ihre Fördermengen zu erhöhen. Das sagten einige Staaten zu. Doch letztendlich war das Treffen wohl vor allem der Versuch, den Ölpreis mit etwa Psychologie zu beruhigen.
Die Auswirkungen des hohen Ölpreises auf Saudi-Arabien konnte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) bereits auf dem Weg vom Flughafen zum Ort der Ölpreiskonferenz in Dschiddah sehen: An unzähligen Baukränen fuhr er vorbei, ebenso am neuen Ferrari- und Lamborghini-Autohaus. Auf den Straßen Dschiddahs gibt es keine Kleinwagen. Kein Wunder – der Liter Super kostet neun Cent. Es ist überall zu sehen: Saudi-Arabien nimmt täglich eine Milliarde Euro mit seinem Öl ein – das Geld fließt in Bauprojekte und Luxus.
Doch diese Einnahmequelle wird für Saudi-Arabien genauso wie für die anderen Förderländer irgendwann versiegen – wann genau, wagt niemand zu prophezeien, doch das Ende ist absehbar. Geprägt war die Konferenz in Dschiddah, an der 36 Staaten, 22 Ölkonzerne und sieben internationale Organisationen teilnahmen, entsprechend von Spannungen innerhalb der OPEC.
OPEC-Präsident Chakib Chelil lehnte eine Fördererhöhung strikt ab. Die auf den Märkten gezahlten Preise hätten absolut nichts mit dem Angebot und der Nachfrage zu tun, hob er hervor. Auch Katar wies die Ansicht zurück, dass Ölknappheit hinter dem explodierenden Ölpreis stecke. Der saudiarabische König Abdallah hingegen, der zu dem Treffen in Dschiddah eingeladen hatte, sieht sich in jüngster Zeit starkem Druck seines traditionell engen Verbündeten USA ausgesetzt. Erst im Mai hatte Washington das Königreich zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten aufgefordert, die Ölfördermenge zu erhöhen.
Doch die zugesagte Fördererhöhung dürfte die Märkte kaum beruhigen – denn eine wirklich hohe Förderung kann Saudi-Arabien nach Einschätzung von Analysten nicht lange durchhalten. Die Folge wären Einbußen bei der Qualität und das Risiko von Unfällen und Lieferausfällen, warnt etwa der kuwaitische Ölanalyst Hadschadsch Buchdur. Und die höhere Förderung wird vor allem nichts an der Ausgangslage ändern: Dass die Produktion der Förderländer nicht so schnell steigen wird wie die Nachfrage nach dem Energieträger.
„Aktuelle Projekte Saudi-Arabiens, der Golfstaaten und anderer Produzenten zur Steigerung der Ölförderung werden nicht mit der steigenden Nachfrage mithalten können. Das macht die Märkte nervös», sagt Buchdur. Kurzfristige Produktionssteigerungen werden somit kaum dazu beitragen, den Ölpreis, der zuletzt immer wieder an der 140-Dollar-Marke kratzte, nachhaltig zu senken – denn die Furcht vor langfristigen Lieferengpässen ist dadurch nicht zu nehmen.
Deshalb müssen die Förder- und die Verbraucherländer nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), der Deutschland in Dschiddah vertrat, auf eines setzen: Den Ölpreis zumindest zu stabilisieren, wenn auch auf hohem Niveau. Dafür fordert Glos einen fortgesetzten Dialog, denn es gebe «keine Gewinner, wenn man die Weltwirtschaft so durcheinander bringt». Dialog werde nicht nur den Ölimporteuren mehr Sicherheit geben, sondern auch den Produzenten, betonte Glos. Und sollte der Streit in der OPEC um die geringen Fördererhöhungen nicht eskalieren, könnte von Dschiddah vielleicht tatsächlich ein Signal für eine solche Stabilisierung des Ölpreises ausgehen: Denn beide Seiten sprechen zumindest miteinander. Das könnte ein bisschen Psyologie für die Märkte sein.
(c) AFP, 22. Juni 2008