Die Rückkehr der Welt-AG ins Ländle

DaimlerChrysler heißt künftig nur noch Daimler. Aktionäre zeigen sich zufrieden über Verkauf von Chrysler

Berlin, 4. Oktober (AFP) – Im Foyer der  DaimlerChrysler-Hauptversammlung hat die neue Ära schon begonnen: Kein einziger Chrysler ist hier zwischen den Autos von Mercedes-Benz und Smart mehr zu sehen. Anders im Versammlungssaal selbst, wo hinter Unternehmenschef Dieter Zetsche bei der Eröffnungsrede noch groß der Schriftzug «DaimlerChrysler» prangt. Am Abend schließlich wird das geändert: Nach der Zustimmung der Aktionäre zur Umbenennung des Konzerns in «Daimler AG» präsentierte Zetsche das neue Logo, auf dem schlicht «Daimler» in blauer Schrift auf weißem Grund steht. Mit dem Namenswechsel verdeutlicht das Unternehmen seinen Kurswechsel – die Welt-AG kehrt ins Musterländle Baden-Württemberg zurück.

Für die Anleger gehen damit turbulente Jahre zu Ende: Hatte der Zusammenschluss mit dem US-Autobauer Chrysler 1998 am Anfang noch zu steigenden Kursen geführt, brachen die Aktien wegen der Verluste der US-Sparte bald wieder ein. Heute, nach der Scheidung von Chrysler, steht der Kurs wieder etwa auf dem Niveau von 1998. Den im August abgeschlossenen Verkauf der Chrysler-Mehrheit an den Investmentfonds Cerberus werten viele Aktionäre deshalb positiv –  und wollten den Unglücksbringer nun schnellstmöglich aus dem Unternehmensnamen vertreiben.

Er sei «sehr zufrieden», sagt etwa Kleinaktionär Kurt Jochen. Der Berliner ist schon lange Mercedes-Fahrer, in den 80er Jahren hat er dann auch Aktien des Unternehmens gekauft. Für einen Verkauf Chryslers und die Tilgung der US-Sparte aus dem Namen hatte er bereits auf der letzten Hauptversammlung im April gestimmt, am Donnerstag wollte er es wieder tun. Einige Aktionäre wollten allerdings mehr: Dass der Konzern wieder Daimler-Benz AG heißt, so wie bis zur Fusion mit Chrysler. Die Meinung vertreten Traditionalisten aus Baden, aber auch Teile der Belegschaft von DaimlerChrysler.

Ansonsten herrscht nach dem Ausstieg bei Chrysler aber große Zufriedenheit bei den Aktionären. Dennoch tauchten auch wieder kritische Fragen zum Engagement der deutschen Autobauer beim US-Unternehmen Chrysler auf. «Es wurden Milliarden versenkt, tausende Mitarbeiter auf die Straße gesetzt», kritisierte Paul Russmann von den Kritischen Aktionären DaimlerChrysler (KADC) die Fusion. Seine Kollegin Beate Winkler-Pedernera griff Bonuszahlungen in Millionenhöhe an die Chrysler-Manager Tom LaSorda und Eric Ridenour nach dem Verkauf Chryslers an Cerberus an: «Warum gibt es eine Erfolgsbeteiligung, wenn es sich um ein Verlustgeschäft für Daimler und Chrysler handelt?», fragte sie. Seit der Fusion betrage der Wertverlust des Unternehmens 30 Milliarden Euro.

Zetsche hatte die Zahlungen zuvor verteidigt. LaSorda und Ridenour hätten für einen «schnellen und reibungslosen Verkauf» gesorgt. Diese Schnelligkeit habe sich im Nachhinein als wichtig erwiesen, denn angesichts der US-Immobilienkrise sei der Verkauf in dieser Form zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich gewesen. Zudem habe sich der Konzern beim Verkauf eines US-Unternehmens an einen US-Investor «an die US-amerikanischen Gepflogenheiten» halten müssen, weshalb die Bonuszahlungen gerechtfertigt seien. «Die Vorgehensweise war richtig und rechtlich einwandfrei», betonte Zetsche.

Auch wenn manche Anleger dies kritisch sehen, schien bei vielen die Devise vorzuherrschen: Hauptsache, Chrysler ist raus. So sieht das auch Rolf Wagner. 35 Jahre hat er für das Unternehmen im Mercedes-Werk Sindelfingen Autos gebaut, und seit vielen Jahren ist er Aktionär von DaimlerChrysler. Seit ein paar Monaten sei er nun in Rente, erzählt er in breitem schwäbischen Dialekt, und noch immer stehe er in engem Kontakt zu seinen ehemaligen Kollegen. Diese würden zwar «Benz gerne wieder im Namen des Unternehmens sehen», sagt er. Wichtig sei ihm aber vor allem, dass Chrysler nun draußen ist. Denn so sei der Ausflug der Welt-AG beendet und das Unternehmen in die Heimat zurückgekehrt.

(c) AFP, 4. Oktober 2007