Energiegigant mit dem Staat im Rücken
Französische Regierung hat weiterhin das Sagen bei GDF Suez. Nicht nur Paris kämpft für die eigene Wirtschaft
Berlin, 3. September (AFP) – Gut 18 Monate hat die französische Regierung für den neuen Energiegiganten GDF Suez gekämpft – und kann aus ihrer Sicht jetzt einen vollen Erfolg verbuchen. Es sei «wichtig», dass der Staat die Kontrolle über die am Montag entstandene Gruppe aus Gaz de France (GDF) und Suez behalte, verkündete Premierminister François Fillon. «Wir haben die Kontrolle, wir bestimmen die Strategie.» Die europäischen Partner dürften das kritischer sehen – geht das Bemühen Frankreichs um die Fusion doch auf ein Übernahmeangebot des italienischen Konzerns Enel für Suez zurück. Es ist nicht das erste Mal, dass Paris versucht, ausländisches Kapital aus dem Land fernzuhalten, während es gleichzeitig französische Übernahmen ausländischer Konzerne unterstützt.
Die bürgerliche Regierung in Frankreich hat auf jeden Fall ihr Ziel erreicht: Mit GDF Suez und dem Stromkonzern Electricité de France (EDF) sind nun zwei der vier weltgrößten Energiekonzerne in französischer Hand. «Das ist ein bedeutender Trumpf, der uns erlauben wird, den Energiemarkt in Europa zu formen», betonte Fillon und gratulierte zu dem «sehr schönen Geschäft». Aus französischer Sicht gab es dazu auch gar keine Alternative: Hätte
die Regierung etwa «ausländischen Akteuren» erlauben sollen, «Fuß auf dem französischen Markt zu fassen?», fragte der Premierminister.
Dass diese Aussage vom Chef einer bürgerlichen Regierung stammt, muss in Frankreich nicht verwundern. Auf feindliche Übernahmeversuche aus dem Ausland reagiert jede Regierung in Paris kämpferisch. Andersherum ist Frankreich weniger zimperlich: Als Wirtschafts- und Finanzminister trug der heutige Präsident Nicolas Sarkozy 2004 zum Ärger der Bundesregierung dazu bei, dass der deutsch-französische Pharmakonzern Aventis in einer feindlichen Übernahme an die französische Firma Sanofi fiel. Als Siemens sich im selben Jahr für die Übernahme des französischen Transport- und Energieriesen Alstom interessierte, setzte Sarkozy durch, dass der Staat sich für 800 Millionen Euro bei Alstom einkaufte, um die Übernahme zu verhindern. «Mit Siemens nie!», soll der heutige Staatschef gesagt haben.
Ihr Engagement für den Zusammenschluss von GDF und Suez nach Bekanntwerden der Übernahmepläne von Enel begründete die Regierung in Paris mit der strategischen Bedeutung der Energiebranche. Italien sah sich brüskiert und plante eine diplomatische Protestnote gegen die protektionistische Haltung Frankreichs. Das Vorhaben scheiterte – wohl auch, weil das Land nicht ausreichend Unterstützung bei den europäischen Partnern erfuhr.
Tatsächlich ist Frankreich lange nicht der einzige EU-Staat mit einer vergleichbaren Industriepolitik. Das musste kürzlich der deutsche Energiekonzern Eon erfahren, als die Regierung in Madrid schwere Geschütze gegen die geplante Übernahme des spanischen Versorgers Endesa auffuhr – und Eon schließlich scheiterte.
Auch hierzulande gibt es immer wieder Stimmen, die einen Schutz vor zu kauffreudigem ausländischen Kapital fordern. Besorgt reagierten Politik und Wirtschaft etwa auf Gerüchte, der russische Energieriese Gazprom wolle beim deutschen Schwergewicht RWE einsteigen. Und zum Schutz bestimmter sensibler Industriezweige vor ausländischen Staatsfonds diskutiert die Bundesregierung seit Monaten über mögliche Abwehrmaßnahmen.
(c) AFP, 3. September 2007