Per Netzwerk zur neuen Hochschulelite
Der Wissenschaftsrat fordert: Unis sollen Studenten testen dürfen. Union will Netzwerk der Spitzenfachbereiche
BERLIN taz Um die Situation an den deutschen Hochschulen zu verbessern, empfiehlt der Wissenschaftsrat (WR), beim Übergang von der Schule an die Hochschule anzusetzen. Karl Max Einhäupl, Vorsitzender des WR, hat drei Kernprobleme ausgemacht: Die hohe Zahl der Studienabbrecher, die vielen Langzeitstudenten – und der Umstand, dass zu wenige Abiturienten ein Studium beginnen.
Deswegen will der Wissenschaftsrat, der Bund und Länder in Fragen der Bildung und Forschung berät, schon in der Schule ansetzen. „Die Studien- und Berufsberatung in Schulen ist in hohem Maße unbefriedigend“, meint Einhäupl. Vor allem aber an einem zweiten Punkt will der Wissenschaftsrat ansetzen: Das Abitur solle „in Qualität und Bedeutung nachhaltig gestärkt“ werden, heißt es in den Empfehlungen des WR. Zwar sei das Abitur „ein wichtiger Faktor, der aussagt, ob Studenten motiviert und qualifiziert sind“, sagte Einhäupl gestern auf einer Pressekonferenz. Doch seien Schulabschlussnoten nicht hinreichend vergleichbar, heißt es in einem Papier des Wissenschaftsrates.
Auch setzt sich Einhäupl dafür ein, dass Hochschulen mehr Studenten selbst auswählen können. „Davon werden sicherlich die Hochschulen mehr Gebrauch machen, die sich als Spitzenhochschulen profilieren wollen“, so Einhäupl. Für die anderen Unis, die nicht an die Spitze streben, bedeute dies, dass sie mehr Studenten aufnehmen müssen, sagt Einhäupl – korrigiert sich aber gleich darauf: Man müsse eine Spitze herausbilden, „ohne dass die Qualität in der Breite verloren geht“.
Doch in den Empfehlungen des Wissenschaftsrates wird gefordert, die Bestimmungen zur Kapazitätsberechnung „durch ein System zu ersetzen, das die Aufgaben- und Leistungsprofile der einzelnen Hochschulen berücksichtigt“. Das heißt: Wenn eine Spitzenuni für ihr Profil weniger Studierende braucht, müssen die übrigen anderswo studieren. Und wenn es kein Geld für die anderen Hochschulen gibt, haben die und ihre Studenten das Nachsehen.
Gestern haben auch die Wissenschaftsminister der unionsregierten Länder ein Konzept für Elitehochschulen vorgelegt. Sie lehnen das Modell von Bundesbildungsministerin Bulmahn ab. Diese will fünf Universitäten auswählen, die speziell gefördert werden. Die Länderminister wollen stattdessen die Spitzenleistungen in einzelnen Fachbereichen verstärkt fördern und zu einem bundesweiten Spitzenforschungs-Netzwerk verknüpfen. Das Konzept lehnt sich an eine Initiative der Bildungsminister des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz, Jürgen Schreier (CDU) und Jürgen Zöllner (SPD), an. Beide hatten am Freitag gefordert, Spitzenbereiche im Wettbewerb zu einem „Exzellenz-Netzwerk“ zu verbinden.
Diesen Weg hält auch Gert Wagner, Professor an der TU Berlin und Mitglied des Wissenschaftsrates, für geeignet. Er forderte gegenüber der taz, Forschungszentren an Hochschulen müssten verstärkt mit außeruniversitären Forschungsinstituten zusammenarbeiten: „Das verstärkt die Lehre, ohne neue Kosten zu verursachen.“
taz, die tageszeitung, 3. Februar 2004