Optimierung, Ausbau und Neubau – unter Bürgerbeteiligung

Wie das Stromnetz für die Energiewende klar gemacht werden soll

Berlin, 12. Juli (AFP) – Der Aus- und Umbau der Stromnetze gilt als einer der wichtigsten Bausteine der Energiewende. Grundlage dafür soll der Netzentwicklungsplan (NEP) sein, zu dem mehr als 1500 interessierte Bürger, Unternehmen und Organisationen in einer ersten Konsultationsphase Stellung bezogen. Ihr Lob, ihre Anmerkungen und ihre Kritik müssen die Stromnetz-Betreiber nun in einen Bericht an die Bundesnetzagentur einarbeiten.

Warum müssen die Netze ausgebaut werden?

Die Stromerzeugung wird sich drastisch ändern. Bis 2022 sollen alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Zugleich soll der Anteil der erneuerbaren Energien mit ihrem schwankenden Angebot deutlich ausgebaut werden. Geschaffen werden müssen vor allem neue Leitungen, die den Windstrom aus dem Norden in die Industriezentren im Süden und Westen Deutschlands transportieren.

Welche Maßnahmen sieht der Netzentwicklungsplan genau vor?

Die Netzbetreiber setzen im NEP auf drei Maßnahmen: die Optimierung der bestehenenden Netze, deren Verstärkung und den Bau neuer Trassen. Mehr als die Hälfte des Aus- und Umbaus soll im bestehenden Netz möglich sein. Trotzdem sollen neue Strom-Autobahnen für den Transport großer Strommengen von Norden nach Süden gebaut werden.

Wo werden neue Stromleitungs-Trassen gebaut?

Den Verlauf der Trassen legen die Übertragungsnetzbetreiber im NEP noch nicht fest, sie definieren lediglich den Anfangs- und Endpunkt. Die konkrete Streckenführung müssen die Behörden in den Bundesländern beschließen.

Wie viel kostet der Ausbau der Stromautobahnen?

Die Kosten für den Ausbau der Übertragungsnetze bis 2022 geben die Netzbetreiber mit rund 20 Milliarden Euro an. Deutlich teurer werden könnte es, wenn Teile der neuen Strom-Autobahnen unterirdisch gebaut werden, um die Belastung für Bevölkerung und Umwelt zu verringern. Andererseits sinken durch den Netzausbau an anderer Stelle die Kosten, zum Beispiel für Eingriffe zum Stabilisieren des Netzes.

Wie viel kostet die Energiewende insgesamt?

Der Ausbau der Übertragungsnetze mache fünf bis zehn Prozent der Gesamtkosten der Energiewende aus, sagen die Netzbetreiber. Insgesamt würde die Umstellung der Energieversorgung in Deutschland also 200 bis 400 Milliarden Euro kosten. Zum Ausbau der Übertragungsnetze kommen die Kosten für den Ausbau der Verteilernetze, den Bau intelligenter Netze und die Anbindung der Meeres-Windparks hinzu. Zusammen gerechnet dürften sich diese Kosten auf rund 63 Milliarden Euro belaufen. Auch die Förderung erneuerbarer Energien schlägt mit hohen Kosten zu Buche.

Steigen jetzt die Strompreise?

Strom wird seit Jahren stetig deutlich teurer, das wird wohl auch in Zukunft so sein. Die Belastung durch den Ausbau der Übertragungsnetze dürfte allerdings vergleichsweise gering sein, denn die Kosten dafür machen bislang nur drei bis fünf Prozent des Strompreises aus – der Anteil soll kaum steigen. Die Hoffnung ist, dass die Stromrechnung aufgrund effizienterer Geräte weniger stark als der Strompreis steigt.

Wie geht es jetzt weiter?

Wer in der ersten Phase zum NEP Stellung bezogen hat, konnte dies bei einer Anhörung am Donnerstag mündlich begründen. Ergebnis der Diskussion wird ein zweiter Entwurf sein, welcher der Bundesnetzagentur vorgelegt und Basis eines Bundesbedarfsplans für den Netzausbau werden soll. Für den Verlauf neuer Leitungen machen die Netzbetreiber schließlich konkrete Vorschläge, für die Genehmigung sind die Bundesländer zuständig. Koordinieren und moderieren soll diesen Prozess die Bundesnetzagentur. Die ersten neue Netze sollten etwa 2017 in Betrieb sein, wenn weitere Akw vom Netz gehen.

Wie kann ich mich als Bürger zu Wort melden?

Die Bundesnetzagentur wird ein zweites Anhörungsverfahren veranstalten. Dessen Ergebnisse sollen in das bis zum Jahresende geplante Bundesnetz-Gesetz einfließen. Es sind auch Veranstaltungen mit Betroffenen geplant. Bei den späteren Planungsverfahren der Bundesländer gelten die üblichen Beteiligungsregeln.

(c) AFP, 12. Juli 2012